Ein paar Argumente, die Du vielleicht noch nicht zum Thema Veganismus in Betracht gezogen hast
DISCLAIMER
Der offensichtlichste Grund für einen Verzicht auf tierische Produkte ist natürlich ethischer Natur und besteht in dem immensen Leid, das jedes Tier, welches für uns Menschen auf diesem Planeten gehalten und getötet wird, erfahren muss. Auch bei sogenannter Bio- oder Freilandhaltung mit vermeintlich guten Haltebedingungen muss die Frage gestellt werden, warum sich der Mensch überhaupt das Recht herausnehmen darf, andere Lebewesen für den eigenen Genuss auszubeuten und zu töten.
Ebenfalls ist anzumerken, dass dies natürlich eine sehr privilegierte Sichtweise aus einer wohlhabenden Industrienation wie Deutschland ist, in welcher der Konsum von tierischen Produkten tatsächlich als reiner Luxus bezeichnet werden muss und aus ernährungstechnischer Sicht (fast) nicht nötig wäre. In vielen Ländern des Globalen Südens sowie generell in marginalisierten Bevölkerungsgruppen (auch des Globalen Nordens) sind Menschen jedoch teilweise existentiell abhängig von der Tierhaltung und dem Konsum von tierischen Produkten und können sich entweder keine teuren veganen Ersatzprodukte leisten oder haben faktisch nicht die Zeit, also nicht den Luxus, reichhaltig vegan zu kochen.
Unter anderem deshalb würden wir uns auch dagegen stellen, das Thema Veganismus allein auf Individuen, insbesondere marginalisierte Menschen, abzuwälzen, sondern sehen vielmehr die Notwendigkeit eines politischen und gesellschaftlichen Systemwandels. Dies bedeutet allerdings umgekehrt nicht, dass einzelne Personen, insbesondere privilegierte Menschen, von jeglicher individueller Verantwortung freizusprechen sind.
Im Folgenden soll es daher um die kommerzialisierte und industrielle Tierhaltung und den nicht notwendigen Konsum von tierischen Produkten bei Menschen gehen, die durchaus darauf verzichten könnten, und gerade wegen dieses Privilegs eine besondere Verantwortung für das Leiden der Tiere und gegenüber strukturell unterdrückten Gruppen tragen.
Die häufigste Todesursache in Deutschland sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen [1], wobei die Hauptgründe dafür mangelnde Bewegung und eine falsche Ernährung sind. Bei einer veganen Ernährung sinkt das Risiko dafür um bis zu 32% [2].
In Deutschland halten wir so viele Tiere, dass wir für sie und ihr Futter insgesamt 10,6 Millionen Hektar Land benötigen, das ist nahezu ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands [3]. Ohne Tierhaltung hätten wir also eine Fläche zweimal so groß wie Niedersachen zusätzlich für Wald, Wildwiesen, Naturschutzgebiete etc. zur Verfügung.
Ohne Tierhaltung wäre es viel schöner, an Landstraßen entlangzufahren, denn diese würden nicht nur durch Futtermittelmonokulturen führen, sondern durch eine abwechslungsreiche, schöne und klimafreundliche Landschaft!
Ohne Tierhaltung würde Deutschland nicht aktiv 4,6 Millionen Hektar im Amazonas für die Futtermittelproduktion beanspruchen [4], wodurch der dortige Regenwald als planetare Existenzgrundlage bestehen bleiben könnte und die indigene Bevölkerung nicht weiter ausgebeutet und ihres Wohnraums beraubt werden würde.
Ohne Tierhaltung wäre das Problem der Klimakrise geringer, da die Emissionen einer so einer ineffizienten Produktionsform enorm sind. Ein veganer Lebensstil kann bei Menschen in Deutschland bis zu zwei Drittel der nahrungsbezogenen Emissionen reduzieren. Aber nicht nur das, sondern auch die Bodenübersäuerung ist bei einer veganen Ernährung nur halb so hoch wie bei einer „normalen“ Ernährungsform [5].
Ohne Tierhaltung gäbe es auf dem Planeten so viel freie Fläche, dass durch Neubegrünung und -bewaldung über die nächsten 100 Jahre durchschnittlich 8100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf natürliche Weise aufgenommen werden könnten [5]. Das wäre insgesamt sechsmal so viel wie die Menge an CO2, die der Amazonas-Regenwald zurzeit gebunden hat [6].
Ohne Tierhaltung wäre eins der größten medizinischen Probleme dieses Jahrhunderts, nämlich das der sogenannten multiresistenten Keime, nicht ansatzweise so groß, da Nutztieren jeden Tag Tonnen an Antibiotika verabreicht werden [7].
Ohne Tierhaltung hätte Deutschland mehrere Millionen Euro mehr für andere Projekte zur Verfügung, da die Tierindustrie extrem subventioniert wird. Mit der Menge an Geld könnte man beispielsweise Tausenden von geflüchteten Menschen aus ihrer aktuell menschenunwürdigen Lage in Geflüchtetencamps verhelfen und etwas gegen diese humanitäre Krise, die von der EU einfach hingenommen wird, unternehmen.
Und zum Schluss: Ohne Tierhaltung wären Zoonosen wie die Vogelgrippe, Schweinegrippe, SARS und insbesondere Corona nie aufgekommen. Vor allem durch die Abholzung des Regenwaldes dringt der Mensch immer tiefer in die letzten natürlichen Rückzugsgebiete von seltenen und unbekannten Tierarten ein, was die Tier-Mensch-Übertragung von neuartigen und gefährlichen Krankheitserregern immer wahrscheinlicher macht.
Und das ist nicht einmal alles…
Eine vegane Ernährung kann sich also aus viel mehr Gründen lohnen, als Du vielleicht bisher dachtest. Und ganz ehrlich: Zusammengenommen wiegen diese Argumente doch deutlich schwerer als guter Geschmack. Gewohnheiten lassen sich ändern!
Textvorlage: Lukas Strauss
Angepasst und erweitert von: Students for Future Hildesheim
[2] https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/JAHA.119.012865
[3] Bild: https://mediathek.fnr.de/media/catalog/product/cache/1/image/9df78eab33525d08d6e5fb8d27136e95/a/b/abb_180_2020_0602.jpg
Wissenschaftliche Quellen:
(a) https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/globale_landflaechen_biomasse_bf_klein.pdf
(b) https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Flaechennutzung/Publikationen/Downloads-Flaechennutzung/bodenflaechennutzung-2030510197004.pdf;jsessionid=9D49AC33ED9AF4E7228E9A4420C732DA.internet8731?__blob=publicationFile
[4] https://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/WWF_Fleischkonsum_web.pdf